Skip to main content

Bespitzelungsermutigung statt wirksamer Schutz von Arbeitnehmerdaten

Anlässlich der abschließenden Beratung des Zwischenberichtes Datenschutz in der Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft erklären der von SPD-Bundestagsfraktion benannte Sachverständige Lothar Schröder und der stellvertretende Vorsitzende der Enquete-Kommission und der zuständige Berichterstatter der SPD-Bundestagsfraktion, Gerold Reichenbach, MdB:

Was sich die Regierungskoalition in der Internetenquete geleistet hat, ist ein starkes Stück. Die Beratung und Abstimmung war geprägt von wenig Sensibilität für den Schutz von Arbeitnehmerdaten. Den Vertretern der unionsgeführten Bundesregierung mangelt es offensichtlich an ausreichender parlamentarischer Selbständigkeit und Arbeitnehmerorientierung. Anders ist es nicht zu erklären, dass sie sich sowohl einer kritischen Auseinandersetzung zum Thema Arbeitnehmerdatenschutz als auch einer adäquaten Positionierung der Enquetekommission entzogen haben. Lediglich ein von der Koalition benannter Sachverständiger und die Oppositionsfraktionen und die von ihnen benannten Sachverständigen haben überzeugende konzeptionelle Vorstellungen als Antwort auf die Datenschutzskandale bei Bahn, Telekom und Lidl vorgelegt.
 
Trotz vielfacher Aufforderung und drängendem Handlungsbedarf rückte die Koalition keinen Schritt vom vorgelegten Gesetzentwurf ab, der Arbeitgebern mehr Kontrollpotential gibt statt Arbeitnehmer zu schützen – der aber zwischenzeitlich auch auf Eis liegt, da sich die Koalitionsfraktionen offensichtlich auch hier nicht einigen können und weitere Verschlechterungen zu erwarten sind. In den Sitzungen der Projektgruppe war die Koaltion nicht einmal bereit, über das Thema ausführlich zu diskutieren.

Damit soll es offensichtlich weitgehend beim Entwurf eines Bespitzelungsermutigungsgesetz bleiben, ohne dass der Sachverstand der Enquetekommission für erforderliche Korrekturen genutzt wird. Wir verurteilen den vorgelegten Gesetzentwurf scharf:
•    Es wird kein eigenständiges Arbeitnehmerdatenschutzgesetz geben, welches Übersicht über die geltenden Regelungen schafft.
•    Es soll keinen Immunitätsschutz vom und keine besseren Mitbestimmungsrechte für Betriebsräte geben.
•    Die Position des betrieblichen Datenschutzbeauftragten wird nicht gestärkt.
•    Es soll kein Klagerecht von Verbänden gegen Datenschutzverstöße geben.

Stattdessen sollen:
•    Betriebsvereinbarungen geltendes Recht unterlaufen können und die Persönlichkeitsrechte Jetons auf den Spieltischen betrieblicher Verhandlungen werden.
•    Selbstgestrickte Missbrauchsäußerungen Bespitzelungen in einer Dimension erlauben, wie sie nicht einmal den Strafverfolgungsbehörden zustehen
•    Der Einwilligung zur Datenerhebung keine Grenze gesetzt werden, obwohl Arbeitnehmer im Wirtschaftsgeschehen dem Arbeitgeber als die Schwächeren gegenüber stehen.

Die Internetenquete hat es leider versäumt, mehrheitlich ein wichtiges Signal für den Beschäftigtendatenschutz in der digitalen Gesellschaft zu geben. Auch hier gab es letztlich aber nur ein Patt – zumindest zeigt es deutlich, dass die Koalition nicht einmal bei den eigenen Sachverständigen eine Mehrheit erzielen konnte.