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Alte Geschichten auf dem Enka-Gelände

Die diesjährige Station der „History Tour“ des SPD-Bundestagsabgeordneten Gerold Reichenbach in Kelsterbach machte auf dem alten Enka-Gelände Station.

Mehr als 40 ehemalige Mitarbeiter und Anwohner waren gekommen, um die Geschichten rund um die Fabrik aufleben zu lassen.

„Die Industrialisierung war ein wichtiger Pfeiler in der Geschichte der Sozialdemokratie“, wies Reichenbach seine Gäste zu Beginn auf die Bedeutung der Veranstaltung hin. Im 150. Jubiläumsjahr der SPD stehen vor allem Stationen rund um die Geschichte der Arbeiterpartei im Fokus. Dass die Industrialisierung nicht nur die Fabriken, sondern auch ganze Arbeiterquartiere hervorbrachte, sei in Kelsterbach auf der „Teufelsinsel“ besonders deutlich geworden. Woher dieser Name stammte, wusste Ernst Freese zu erklären: „Die Facharbeiter der Wagonfabrik waren Fremde und ein raues Volk, eben wie Teufel.“ Deshalb hätten die Kelsterbacher Landwirte das Enka-Gelände und die Wohnquartiere als Teufelsinsel bezeichnet. Alfred Wiegand, der mit Walter Keber ein Buch über die Geschichte der Enka verfasst hat, ergänzte: „Durch den Zuzug der Spezialisten aus Görlitz vermerkte die Kirche einen Anstieg der außerehelichen Geburtenrate und einen Rückgang der Kirchgänge.“

Um sich selbst ein Bild machen zu können, überreichte Freese dem Bundestagsabgeordneten ein Buch über die Teufelsinsel und gab einige Anekdoten daraus Preis. Henrika Schreiber, die als Kind selbst auf dem Enka-Gelände lebte, erzählte von ihren Kindheitserinnerungen. „Wir waren in allen Familien Zuhause“, beschrieb sie die Zeit.

In der Enka-Fabrik wurden um 1900 Wagons gebaut, später entstanden dort Chemiefasern, Viskose und Kupferseide. Kelsterbachs Bürgermeister Manfred Ockel hob auch die sozialpolitische Bedeutung des damals großen Arbeitgebers hervor: „Die Enka besaß 800 werkseigene Wohnungen und kümmerte sich so um das Wohlergehen ihrer Mitarbeiter.“ Diese Wohnungen wurde später von der Stadt übernommen und sicherten zahlreiche ehemalige Mitarbeiter ab. „Das neue Nutzungskonzept des Enka-Geländes und der alten Kantine werden gerade von der Stadt erarbeitet und demnächst vorgestellt“, kündigte Ockel an.