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Reichenbach: „Die alten Sportstätten verbanden Sport und Politik!“

Die Referenten der History Tour von MdB Gerold Reichenbach, Rolf Bernhard und Ernst Erdmann machten bei Ihren Ausführungen über das Treburer „Eigenheim“ sehr deutlich, dass in dem traditionsreichen Veranstaltungsort Sport und Politik zusammentrafen.

Zahlreiche interessierte Bürgerinnen und Bürger waren dem Ruf von Gerold Reichenbach gefolgt und wollten mehr über die Geschichte des „Eigenheims“ in der Astheimer Straße in Trebur erfahren. Unter dem Motto „Historische Sportstätten“ der 9. History Tour von Reichenbach konnten die Zuhörer von den kompetenten Referenten einige interessante Details aus der Historie des Saalbaus erfahren.


Zahlreiche sportliche Aktivitäten wie Turnen und Radfahren aber auch der Gesang und das Theater fanden hier ihre räumliche Wirkungsstätte. Von den lokalen Hobby-Historikern wurde das Eigenheim als „Traditionshaus der Treburer Arbeiterbewegung“ bezeichnet. Sie machten neben der sportlichen auch die politische Bedeutung des Gebäudes deutlich.


Basis war die von fünf Arbeitervereinen (Arbeiterradfahrbund Solidarität, Arbeiter-Samariterbund, Volkschor, Naturfreunde, Turn- und Sportverein) gegründete Eigenheimgenossenschaft. Mit viel Eigenhilfe und der finanziellen Unterstützung der Konsumgenossenschaft wurde die Eigenheimhalle fertiggestellt und am 28. Januar 1928 feierlich eingeweiht. Ernst Erdmann verdeutlichte anhand von alten Fotos, dass in früheren Zeiten der Saal und die Gaststätte getrennte waren.


Reichenbach erläuterte die gesellschaftspolitischen Hintergründe des Baus in Trebur. „In den sich bildenden Industriestädte wie Mainz, Frankfurt und Darmstadt kam es zu einem enormen Bauboom. Und so gab es unter den Arbeitern in unserer Region auch zahlreiche Maurer. Diese Qualifikationen konnten die Arbeitervereine nutzen“, so der SPD-Bundestagsabgeordnete.
Rolf Bernhard betonte, dass das „Eigenheim“ der „Arbeiter“ damals auch als eine Abgrenzung zu den bürgerlichen Strukturen verstanden werden muss. Diese Hintergründe spielten, so Bernhard, bis in die 60er Jahren noch eine große Rolle.


Mit der Nazi-Zeit kam das Aus für die Arbeitervereine und die Genossenschaft. Die Vereine wurden verboten, ihr Vermögen beschlagnahmt. Die Konsumgenossenschaft wurde in das „Gemeinschaftswerk der deutschen Arbeitsfront“ gleichgeschaltet und der Geschäftsführer bekam einen NSDAP-Funktionär vorgesetzt. Als Textillager und Büroräume der gleichgeschalteten ehemaligen Konsumgenossenschaft überlebte das Eigenheim und nach 1945 zogen die alten Vereine, ergänzt durch den Treburer Angelsportverein, wieder ein. In den 50er Jahren wurde eine Kegelbahn eingebaut. Mit dem Bau der Sporthalle ging die sportliche Nutzung  zunehmend zurück und das Eigenheim wurde nun überwiegend als Versammlungsraum und für gesellschaftliche Anlässe genutzt. Legendär seien die weit über die Grenzen Treburs bekannten „Hexenbälle“ ab 1978 gewesen, schwärmten die Referenten, die die Zuhörer noch mit allerlei Anekdoten aus vergangene Tagen des Eigenheims amüsieren konnten.