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Die letzte freie Rede

Zu einer Gegenüberstellung von Büchners Danton und dem Sozialdemokraten Otto Wels laden die Büchnerbühne Riedstadt und der SPD-Bundestagsabgeordnete Gerold Reichenbach für diesen Samstag, 7.September, herzlich ein.

Kurz nach der Machtübernahme der NSDAP (30. Januar 1933), der Reichstagswahl (5. März 1933) und der ersten Verhaftungswelle wagte Otto Wels als Parteivorsitzender der SPD, die Ablehnung des „Gesetzes zur Behebung der Not von Volk und Reich“ (Ermächtigungsgesetz) zu begründen, welches die nationalsozialistische Diktatur etablierte. Er tat dies trotz der bereits einsetzenden Verfolgung und der Anwesenheit von SA-Männern im Saal mit einer klaren Absage an den Nationalsozialismus am 23. März 1933. In dieser letzten freien Rede im Deutschen Reichstag sagte er: „Freiheit und Leben kann man uns nehmen, die Ehre nicht.“

Alle 94 anwesenden SPD-Abgeordneten stimmten gegen das Gesetz. Die restlichen Abgeordneten des Reichstags stimmten dafür. Adolf Hitler antwortete auf die Rede von Otto Wels: „Ich will auch gar nicht, dass Sie dafür stimmen. Deutschland soll frei werden, aber nicht durch Sie.“ Im August 1933 wurde Otto Wels die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt. Er musste ins Exil.

In Georg Büchners Revolutionsdrama „Dantons Tod“ richtet Danton vor dem Tribunal, das seine Hinrichtung fordert, angesichts des eigenen Todes folgende Worte an die Mörder: „Eines Tages wird man die Wahrheit erkennen. Ich sehe großes Unglück über Frankreich hereinbrechen. Das ist die Diktatur; sie hat ihren Schleier zerrissen, sie trägt die Stirne hoch, sie schreitet über unsere Leichen. Ich klage die Henker des Hochverrats an. - Sie wollen die Republik im Blut ersticken. Die Gleise der Guillotinenkarren sind die Heerstraßen, auf welchen die Fremden in das Herz des Vaterlandes dringen sollen. Wie lange sollen die Fußstapfen der Freiheit Gräber sein? - Ihr wollt Brot, und sie werfen euch Köpfe hin! Ihr durstet, und sie machen euch das Blut von den Stufen der Guillotine lecken!“

In seinem ersten Theaterstück (1835) demonstriert Georg Büchner am Beispiel der Pariser Jakobinerdiktatur der Jahre 1793/94 das Umschlagen ursprünglich freiheitlicher Ideale in zynische Mittel einer Willkürherrschaft und hinterfragt angesichts einer sich verselbstständigenden, zerstörerischen Geschichtsdynamik die Handlungsmöglichkeiten des Subjekts.

Dieser Frage stellen sich die Künstler der Büchnerbühne und die Teilnehmer der anschließenden Diskussionsrunde anhand einer Gegenüberstellung der beiden Reden. Neben Gerold Reichenbach und dem Leiter der Büchnerbühne, Christian Suhr, sprechen auch der SPD-Landtagskandidat und ehemalige Bürgermeister Gerald Kummer sowie der Historiker Prof. Ernst Erich Metzner über die Parallelen von Büchner zur Sozialdemokratie. Außerdem wird Ute Sacksofsky aus dem Kompetenzteam von Thorsten Schäfer-Gümbel die Runde ergänzen. Sie ist dort zuständig für den Bereich Frauen und gibt Einblick in das Leben von Olympe de Gouges, eine Frauenkämpferin während der Französischen Revolution, die ein ähnliches Schicksal wie Danton und Wels zu verzeichnen hatte.

Die Veranstaltung „DIE LETZTE FREIE REDE - Büchners Danton und der Sozialdemokrat Otto Wels“ findet statt am Samstag, den 7.9. um 15 Uhr in der Büchnerbühne Riedstadt, Kirchstraße 16, Riedstadt-Leeheim. Der Eintritt kostet 3 Euro.