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Datenschutzgesetzentwurf bestenfalls eine erste Diskussionsgrundlage

Anlässlich der heutigen Vorstellung des sogenannten „Rote-Linie-Gesetzentwurfs“ für besseren Datenschutz im Internet durch Bundesinnenminister de Maizière sowie der Vorstellung des Kodex‘ für Geodatendienste durch die BITKOM (Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e. V.) erklären der zuständige Berichterstatter der SPD-Bundestagsfraktion im Innenausschuss, Gerold Reichenbach sowie der netzpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Lars Klingbeil:

 

 

Der durch den Bundesinnenminister vorgelegte Entwurf kann lediglich Grundlage zur Diskussion sein und ist nur ein erster Schritt in die richtige Richtung. Durch den Vorschlag werden zwar die Rechte der Bürgerinnen und Bürger an ihren Daten etwas verbessert. Hierbei bedarf allerdings der verfolgte Ansatz, die "gezielte Veröffentlichung" personenbezogener Daten nur unter bestimmten Voraussetzungen zu verbieten oder von einer Einwilligung abhängig zu machen, noch einer genauen Überprüfung. Gefragt werden müsste vielmehr, ob es sich angesichts der Dauerhaftigkeit der Speicherung und angesichts der Streubreite im Internet nicht stets um einen gravierenden Grundrechtseingriff handelt, der eine entsprechende Regelung und insbesondere die Einwilligung notwendig macht. Die Lösung aller Datenschutzprobleme im Internet ist der Vorschlag jedoch keineswegs – er kann deshalb nur ein erster Ansatzpunkt für eine Modernisierung des Datenschutzrechtes sein.

 

Tatsächlich können nämlich die Unternehmen weiterhin fleißig Daten erheben, speichern und auswerten, ohne dass dem Internetnutzer dies bewusst ist und ohne dass er hiergegen eine Handhabe hat. Denn der Gesetzentwurf des Bundesinnenministers macht eine Verletzung des  Persönlichkeitsrechts generell von einer gezielten Veröffentlichung im Internet abhängig. Ein effektiver und kontrollierbarer Schutz der Internetnutzer vor versteckter Erhebung, Speicherung, Verknüpfung zu Profilen und deren Auswertung ist damit nicht gegeben. Die Mehrzahl der Unternehmen hat kein Interesse daran, ihre möglicherweise unlauter erhobenen und verarbeiteten Daten zu veröffentlichen, sondern lediglich nutzbringend auszuwerten.
Ausdrücklich begrüßen wir das Verbot der Veröffentlichung von Daten mit ehrverletzendem Inhalt sowie die Absicht des Bundesinnenministeriums Regelungen im Bereich der Bewegungsprofile, der Gesichtserkennungsdienste sowie bei Profilbildungen anhand von Suchmaschinenanfragen zu erarbeiten. Wobei aber zu prüfen sein wird, ob diese Vorgaben hinreichend sind. Ein Schmerzensgeld für Betroffene bei Verletzungen des Persönlichkeitsrechts halten wir für notwendig. Es bleibt deshalb abzuwarten, ob und inwieweit nach der Ressortabstimmung in der Bundesregierung noch ein effektiver Schutz für die Dateninhaber geschaffen werden kann.

 

Es ist begrüßenswert, dass die BITKOM den Entwurf eines Datenschutz-Kodex‘ im Rahmen einer Selbstverpflichtung vorgelegt hat. Allerdings sieht die SPD-Bundestagsfraktion Selbstverpflichtungen der Wirtschaft nicht als grundlegende und auch nicht als hinreichende Datenschutz-Maßnahmen an. Sie können einen wichtigen Beitrag leisten, reichen aber bei weitem nicht aus. Konkret stellen wir fraglich, ob eine unabhängige Kontrolle tatsächlich durch die Datenschutzbeauftragten der unterzeichnenden Unternehmen gewährleistet werden kann. Wir halten die Regeln zur Transparenz für nicht eindeutig genug, da u. a. die Begrifflichkeiten „an leicht auffindbarer Stelle“ oder „prominenter Stelle“ einen erheblichen Spielraum für die Unternehmen lassen. Ebenso sehen wir die Obergrenze der Geldstrafe als zu niedrig an. Positiv ist grundsätzlich die Einrichtung einer zentralen Informations- und Widerspruchsstelle zu bewerten. Wir bleiben skeptisch, was die Aussage des Bundesinnenministers betrifft, dass der Datenschutz-Kodex „ein Zeichen für funktionierende Selbstregulierungskräfte“ darstellt. Ob diese Selbstregulierung auch tatsächlich funktioniert, bleibt daher abzuwarten.

 

Die aktuellen Diskussionen sind jedoch vor allem ein Beleg dafür, dass die bereits im Datenschutzrecht verankerten Prinzipien der Datensparsamkeit und Datenvermeidung endlich durchgesetzt werden müssen, denn diese gewähren den besten Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung.