Digital Native trifft auf Datenschutz

Ein Beitrag von Lilith Bizer, Praktikantin im Bundestagsbüro von Gerold Reichenbach vom 05.10. bis 27.11.2015

In meiner Schulzeit spielten meine Klassenkameraden mit ihren Smartphones, nutzten regelmäßig Apps wie Facebook, Whatsapp und Instagram. Diese Seiten wurden nicht nur genutzt, um sich auszutauschen, sondern auch um sich zu präsentieren. Klatsch und Tratsch über gepostete Bilder oder über einen neuen Beziehungsstatus waren an der Tagesordnung. Whatsapp zu nutzen war in der Schulzeit aber vor allem wichtig, um über Termine, Hausaufgaben, Klassentreffen und jegliche Neuigkeiten informiert zu sein. Wer diese App nicht nutzte, war (automatisch) weniger in die Klassengemeinschaft eingebunden. Dabei ist die Frage, wer in wieweit Zugriff auf die eigenen persönlichen Daten hat, kein Gesprächsthema unter uns gewesen. Im Vordergrund steht eigentlich wie praktisch und bequem eine App ist und was sie dem Nutzer anbietet. Womit eine kostenlose App praktisch finanziert wird, ist entweder nicht bekannt oder nicht interessant. Wer die Dienste nutzt, aber ihnen kritisch gegenüber steht, beruhigt sich mit Sätzen wie „Das sind viel zu viele Daten, um alle auswerten zu können.“ Oder sie haben bereits resigniert und sagen: „Die wissen sowieso schon alles über mich.“ Andere lassen sich auf keine Diskussion ein, denn sie haben „nichts zu verheimlichen“.

Im Stundenplan ist kein Platz, um über dem Umgang mit dem Internet zu sprechen. Meistens fühlen sich die Lehrer mit der neuen Technik überfordert und fragen die Schüler. Oder aber sie versuchen modern zu sein und die neuen Möglichkeiten zu nutzen. Dann werden mal Filme auf YouTube gezeigt, Recherchearbeit geübt oder Bildungsseiten ausprobiert. Das Verhältnis des Lehrers zu den sogenannten „Digital Natives“ ist zwiespältig. Einerseits erwartet der Lehrer, dass der Schüler ihm bei jeglichen technischen Fragen hilft. Auf der anderen Seite wird dem Schüler vorgeworfen, dass er seine Zeit im Internet verschwendet oder falsch nutzt. Die technische Ausstattung variiert stark zwischen den Schulen und die Einbeziehung dieser in den Unterricht hängt stark vom Lehrer ab. Die einen nutzen Kreidetafel und OHB, die anderen Smartboard und Beamer.

Auch hier im Büro von Gerold Reichenbach werden soziale Netzwerke genutzt, eine Trennung zwischen Privatem und Beruflichen findet aber statt. Gerold Reichenbach hat die Aktivitäten auf seiner Facebook-Seite aus Datenschutzgründen eingestellt, ist jedoch auf Twitter aktiv. Diese Form der Öffentlichkeitsarbeit dient der Präsentation der Arbeit Gerold Reichenbachs und dazu Statements zu aktuellen Geschehnissen abzugeben. Soziale Netzwerke zu nutzen hilft einem Politiker bürgernah zu kommunizieren.

Dadurch dass Gerold Reichenbach Mitglied und stellvertretender Vorsitzender im Ausschuss Digitale Agenda ist, ist das Thema Datenschutz in seiner Arbeit quasi omnipräsent. Das Bundestagsbüro von Gerold Reichenbach organsiert regelmäßig Veranstaltungen, die eine Plattform für Austausch und Diskussion zum Thema bieten. Die Veranstaltungen zur Datenschutzgrundverordnung, der SPD Netzkongress oder das Datenschutztreffen mit Landesdatenschutzbeauftragten sind nur Beispiele. Im Zusammenhang mit einer Veranstaltung der SPD Fraktion zur europäischen Datenschutzgrundverordnung haben wir uns den Film „Democracy – im Rausch der Daten“ von David Barnett im Fraktionssaal angesehen. Die Dokumentation begleitet den Grünen-Abgeordneten Jan Philipp Albrecht, wie er seinen Gesetzentwurf zur Datenschutzgrundverordnung gegen andere Interessen im EU-Parlament durchzusetzen versucht.

Wenn Besuchergruppen Gerold Reichenbachs aus dem Kreis Groß-Gerau kamen, wurde nicht nur über Flüchtlinge, sondern auch über Google, Amazon und Co. gesprochen. Gerold Reichenbachs Lieblingsbeispiel hat mich beeindruckt: Das Unternehmen Amazon empfiehlt nicht nur, was andere „Kunden, die diesen Artikel auch kauften“, außerdem kaufen, sondern passt sogar die Preise individuell an jeden Kunden an. Es wird nämlich gespeichert und ausgewertet, wie viel der Kunde und sein Bekanntenkreis in der Vergangenheit für ein bestimmtes Produkt bereit waren zu bezahlen. Die Debatte, darüber ob auch Krankenkassen oder Kreditgeber persönliche Daten ihrer Kunden nutzen dürfen, und die Beitragszahlungen und Zinsen danach zu staffeln, zeigt, dass ein solches Vorgehen kein Einzelfall ist.

Als das Urteil des EuGHs, welches das The Safe Habor Abkommen für ungültig erklärte, veröffentlicht wurde, hörten die Telefone im Büro von Gerold Reichenbach nicht auf zu klingeln. Viele Journalisten hatten Fragen zu einer entsprechenden Pressemitteilung. Trotz dieser „Stärkung europäischer Bürgerrechte und des Grundrechtschutz“, finde ich es beunruhigend, dass dieser Erfolg „nur“ einer Privatperson zu verdanken ist, äußert sich Gerold Reichenbach zu den Entwicklungen. Der Jurist Max Schrems klagte, weil Facebook persönlichen Daten von europäischen Bürgern in die USA überträgt, wo Nachrichtendienste darauf zugreifen könnten, und bekam Recht.

Natürlich tauchte das Thema Datenschutz auch immer wieder in der AG oder im Ausschuss Digitale Agenda auf. Die Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Frau Voßhoff, ist „Stammgast“ im Ausschuss und führt Fachgespräche zu verschiedenen Themen mit den Abgeordneten. Natürlich werden auch andere Experten zu den Sitzungen eingeladen. Außerdem wurde über den Hackerangriff auf den Bundestag im Mai 2015 in dieser AG gesprochen. Neue Lösungskonzepte für einen langfristig besseren Schutz des Netzes wurden mit IT-Experten erörtert.

Auch das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung sorgte für viel Aufregung in unserem Büro. Obwohl Gerold Reichenbach diesem Gesetz nicht zugestimmt hat, musste eine Mehrheit für den Gesetzentwurf sichergestellt werden, da die Verabschiedung zwischen SPD und CDU/CSU Fraktion vereinbart worden war.

Der durch Edward Snowden bekannt gewordene NSA und BND Skandal spielte hier natürlich auch eine Rolle. Im Rahmen meines Praktikums hatte ich die Möglichkeit den Anhörungen des Untersuchungsausschusses beizuwohnen und mir so ein eigenes Bild vor Ort zu machen, anstatt nur die Berichte aus den Medien zu verfolgen.

Hier im Bundestag bekomme ich die Entwicklungen und die langen Prozesse, bis es zu einem Gesetz kommt, aus nächster Nähe mit und lerne das politische Leben in Berlin kennen und verstehen.

Während meiner Zeit als Praktikantin habe ich angefangen, mich intensiver damit zu beschäftigen, was im Internet alles möglich ist, wenn man sich auskennt und technisch versiert ist.

Von Unternehmen, die ganze Personenprofile erstellen bis zu Hackerangriffen auf staatliche und private Einrichtungen. Ich habe auch gelernt, dass die Politik sich erst noch auf das Internet mit seinen Vor- und Nachteilen einstellen muss.

Daraus folgte für mich die Frage, was der Einzelne beachten kann, um seine Privatsphäre besser zu schützen. Einiges habe ich gelernt und werde es für mich nutzen:

Es gibt zum Beispiel Suchmaschinen, wie beispielsweise ixquick.com oder duckduckgo.com, die nicht jede einzelne Suchanfrage speichern, mit denen ich also anonym surfen kann. Man sollte die Ortungsdienste ausschalten, wenn man die Dienste gerade nicht nutzt, denn Funk- und App-Anbieter können ganze Bewegungsprofile anhand der Informationen des Smartphones erstellen.

Vertrauliche Informationen, wie zum Beispiel Bankdaten, über öffentliche WLAN-Netze auszutauschen ist riskant, denn jeder kann mit einigen Tricks auf diese Daten im Netz zugreifen. Deshalb ist es auch ratsam, seinen eigenen Hotspot mit einem Passwort sichern.

Außerdem ist es wichtig, sich genau zu informieren, auf welche Daten eine App zugreifen kann. Oft willigt der Nutzer den Zugriff auf mehr Informationen ein als eine App benötigt, um ihren Zweck zu erfüllen. Ein Gesetz, das dies verbieten soll, wird aktuell diskutiert. Solange dieses aber nicht beschlossen wird, muss sich der Nutzer selbst informieren und schützen. Seine Daten in Clouds zu speichern und damit Speicherplatz auf der Festplatte zu sparen und außerdem von mehreren Geräten auf die Daten zugreifen zu können, ist zwar sehr praktisch, aber leider nicht besonders sicher, denn die Daten werden auf Servern von Drittstaaten gespeichert. Dort gilt dann das Recht des jeweiligen Staates, weshalb das deutsche Datenschutzrecht dann außer Kraft gesetzt wird.

Es fällt mir nicht leicht, eine Balance zwischen dem digitalen Fortschritt und den vielen neuen technischen Möglichkeiten und der Wichtigkeit persönliche Informationen zu schützen, zu finden.

Denn das Leben in einer großen und für mich neuen Stadt wie Berlin gestaltet sich mit einem Smartphone wesentlich einfacher. Hier bin ich auf Navigations-Apps und Verkehrs-Apps angewiesen. Sie helfen, ein Ministerium oder eine Behörde, den nächsten Bankautomaten, eine Joggingroute, ein Museum, usw. schnell und einfach zu finden. Und wenn mal das Handy verloren gehen sollte, dann hat die Cloud alle wichtigen Daten wie Adressen und Notizen gespeichert. Der iPhone-Suchfunktion ist man dann auch sehr dankbar.

Ich habe für mich beschlossen, nicht ins Zeitalter der digitalen Steinzeit zurückzukehren, neue verführerische technische Möglichkeiten, aber doch kritischer zu betrachten und bewusster mit meinen Daten und den Spuren, die ich im Netz hinterlasse, umzugehen.