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EU-Datenschutz-Grundverordnung: Sachverständige fordern Überarbeitung

Anlässlich der öffentlichen Anhörung im Innenausschuss zur EU-Datenschutzgrundverordnung (KOM 2012/11) erklärt der zuständige Berichterstatter für Datenschutz der SPD-Bundestagsfraktion Gerold Reichenbach:

Angesichts der Wichtigkeit des Themas Datenschutz ist es völlig unangemessen, die Verordnungs-Vorlage der EU-Kommission in einer nur zweistündigen Anhörung des Innenausschusses abzuhandeln, wie dies die Koalitionsparteien mit ihrer Mehrheit festgelegt hat. Offensichtlich wollten Union und FDP angesichts ihrer endlosen Zerstrittenheit und der völligen  Orientierungslosigkeit ihres Ministers zum Thema Datenschutz jede intensivere Beschäftigung mit dem Thema vermeiden. Dies wird auch daran deutlich, dass die Koalitionsfraktionen nicht bereit waren, den Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit nicht als Sachverständigen aller Fraktionen zu laden.

Die Sachverständigen in der öffentlichen Anhörung waren sich mehrheitlich darin einig, dass der von der Europäischen Kommission vorgelegte Entwurf zur Datenschutz-Grundverordnung ein ambitionierter Versuch sei, ein von allen als notwendig angesehenes einheitliches Datenschutzniveau in Europa zu erreichen.

Als wichtiger positiver Punkte wurde von mehreren Sachverständigen festgehalten, dass die Kommission in ihrem Entwurf das Verbotsprinzip bezüglich der Erhebung, Nutzung und Verarbeitung personenbezogener Daten aufrechterhält. Gleiches gilt für den grundsätzlichen Zustimmungsvorbehalt zur Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Daten.
Professor Simitis hat auch aufgrund der historischen Erfahrung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass dieser keinesfalls relativiert werden dürfe, wie dies von Teilen der Koalition und Lobbyorganisationen gefordert wird.

Darüber hinaus wurde begrüßt, dass weitere gute Ansätze – wie etwa die Auftragsdatenverarbeitung, Datenschutz-Gütesiegel und –Audit oder die  Folgenabschätzung – enthalten seien, diese jedoch der weiteren Präzisierung und Überarbeitung bedürften.

Es gilt aber auch eine Reihe kritischer Punkte nachzuarbeiten.

Insbesondere kritisierten fast alle Sachverständigen die unzulässige Kompetenzverlagerung in Richtung Kommission durch Vielzahl der Regelungen im Verordnungsentwurf, in denen delegierte Rechtsakte durch die Kommission erfolgen können. Auch sei es fraglich, ob die angestrebte Rechtssicherheit erreicht werden könne, wenn viele Bereiche erst nachträglich von der Kommission geregelt würden.

Ebenso wurde bemängelt, dass die Betroffenenrechte nicht umfassend und nicht hinreichend präzisiert seien.

Weiterer Kritikpunkt waren die fehlenden beziehungsweise unklaren Regelungen bezüglich der Datenverarbeitung im öffentlichen Bereich oder beim Beschäftigtendatenschutz. Problematisch ist in diesem Bereich, ob und wo die Mitgliedsstaaten hier noch das Recht haben, die Ausgestaltung der Datenverarbeitung selbst zu regeln oder ob auch dies der Kommission zustehen  wird. Es ist vielmehr wünschenswert, dass die Mitgliedsstaaten die Möglichkeit erhalten, bereichspezifische Abweichungen nach Oben vorzunehmen.

Die SPD-Bundestagsfraktion fordert deshalb die Bundesregierung auf, im europäischen Rat mehr Engagement bei der Überarbeitung der Verordnung in Richtung eines hohen Datenschutzniveaus zu zeigen.