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Bestandsdatenauskunft: Schwieriger, aber wichtiger Kompromiss

Der Bundestag wird in dieser Woche den Entwurf eines „Gesetzes zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes und zur Neuregelung der Bestandsdatenauskunft“ (Drs.17/12034) abschließend beraten und die SPD-Bundestagsfraktion wird diesem Gesetz mit einem gemeinsamen Änderungsantrag der CDU/CSU-, FDP- und SPD-Fraktion zustimmen.

Die Neuregelung der Bestandsdatenauskunft war durch einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts aus dem Januar 2012 nötig geworden. Darin hatte das Gericht die Bestandsdatenauskunft zwar grundsätzlich für mit dem Grundgesetz vereinbar erklärt, dem Gesetzgeber aber in zwei Punkten aufgegeben, bis spätestens zum 30.06.2013 eine Neuregelung zu erlassen.

Die SPD-Fraktion wird dem geänderten Entwurf deswegen zustimmen, da es uns gelungen ist, die Regierungskoalition von deutlichen Verbesserungen im Rechtschutz für die Betroffenen zu überzeugen: Auf unsere Initiative enthält das Gesetz jetzt u.a. Regelungen zu Benachrichtigungspflichten und einen Richtervorbehalt für besonders sensible heimliche Maßnahmen. Der ursprünglich von der schwarz-gelben Regierungskoalition vorgelegte Gesetzentwurf sah nur eine Minimalumsetzung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes vor. Auf Initiative der SPD hat der Innenausschuss eine Öffentliche Anhörung durchgeführt, die unsere Bedenken bestätigt hat. Vor allem im Bereich der Auskünfte bezüglich dynamischer IP-Adressen und bei Auskünften über Zugangssicherungscodes (PINs, PUKs und Passwörtern) bestand dringender Nachbesserungsbedarf. Der Ausgangsentwurf der Koalition enthielt keine Benachrichtigungspflichten, er enthielt keinen Richtervorbehalt und er enthielt schließlich auch keine Perspektive im Hinblick auf relevante zukünftige technische Entwicklungen wie IPv6.

Die SPD konnte in den Verhandlungen wichtige Verbesserungen erreichen: Der Anwendungsbereich der Bestandsdatenauskunft insgesamt wurde klarer gefasst. In den bundesgesetzlichen Rechtsgrundlagen gibt es jetzt bei Auskünften über dynamische IP-Adressen und über Zugangssicherungscodes Benachrichtigungspflichten, bei heimlichen Auskünften auf Zugangssicherungscodes zusätzlich einen Richtervorbehalt bzw. eine Befassung der G10-Kommission. Eine Befristung und Evaluierung konnte nicht durchgesetzt werden, hier wurde aber eine Berichtspflicht der Bundesregierung zur weiteren Entwicklung des Standards IPv6 eine festgeschrieben. Vor allem durch die jetzt aufgenommenen Benachrichtigungspflichten haben Betroffene jetzt die Gewähr, gegen ihrer Ansicht nach rechtswidrige Auskünfte effektiven Rechtsschutz in Anspruch nehmen zu können.

All diese Punkte hatte der schwarz-gelbe Regierungsentwurf zunächst nicht vorgesehen und die FDP konnte diese Punkte in der Koalition nicht durchsetzen. Natürlich hätte ich mir als Datenschützer weitergehende Änderungen gewünscht, beispielsweise eine Begrenzung dahingehend, dass es sich nicht um jedwede Ordnungswidrigkeit sondern um besonders gewichtige Ordnungswidrigkeiten handeln muss oder auch einen grundsätzlichen Richtervorbehalt bei der Beauskunftung von IP-Adressen. Dies war aber in den Verhandlungen leider nicht durchsetzbar. Dennoch halte ich im Ergebnis die Zustimmung zu dem Gesetzentwurf für richtig – es handelt sich aus meiner Sicht um einen schwierigen, aber wichtigen Kompromiss, mit dem wichtige rechtsstaatliche Absicherungen und Verbesserungen im Rechtschutz für die Betroffenen vorgenommen werden, die die SPD-Fraktion in den Verhandlungen durchgesetzt hat. Wenn wir uns wie die Fraktionen der Grünen und der Linken den Verhandlungen verweigert hätten, gäbe es jetzt wohl keine einzige der genannten Verbesserungen des Gesetzes.