Skip to main content

Der gläserne Kunde

„Wie regieren große Unternehmen das Internet und unser Nutzerverhalten“, fragte der Juso-Kreisvorsitzende Murat Karakaya am Freitag Abend im Juso-Keller in Rüsselsheim.

Zur Beantwortung waren Gerold Reichenbach, SPD-Bundestagsabgeordneter, und Ralf Löffler, Geschäftsführer des Instituts für Strategie und Kommunikation aus Frankfurt geladen. „Wir hinterlassen überall Spuren im Netz, die von Unternehmen gesammelt werden“, erklärte Löffler zu Beginn.

Die Hinweise des Kommunikationsexperten differenzierten vor allem die Frage, wo die Grenze zwischen „gut und böse“ sei. So nannte er eine Machtverschiebung hin zu den Konsumenten bei Online-Bewertungsportalen als positives Beispiel. „Wird ein Produkt im Internet schlecht bewertet, kauft es niemand mehr“, hob er als Vorteil der sozialen Netze hervor. Allerdings gibt es auch lauernde Risiken. Über Social Media Monitoring werden Daten gespeichert und analysiert. „So weiß ein Unternehmen aufgrund meiner Einkäufe, ob ich schwanger bin, Diabetes habe oder gerne Alkohol trinke“, gab Löffler zu bedenken. Ein Austausch mit der Krankenkasse bringe dann schlechtere Konditionen ein. Das Problem bei den „Datensammlern“ sei vor allem, dass sie nicht ehrlich sind. „Die Versprechen an Nutzer und die eigene Businessidee gehen weit auseinander“, warnte Löffler.

Reichenbach, der stellvertretende Vorsitzende der Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ im Deutschen Bundestag, fügte an, dass man sich immer bewusst sein sollte, weshalb Daten über Kundenkarten, Internet oder Spielkonsolen gesammelt werden. „Wenn die Unternehmen mich kennen, können sie bessere Geschäfte mit mir machen.“ Der SPD-Politiker wies auch auf neueste Entwicklungen hin.
Demnächst werden Autos mit SIM-Karten ausgeliefert, über die Daten des Fahrzeuges direkt übermittelt werden können. „Natürlich weiß mein Mechaniker so schneller über Fehler Bescheid“, lobte Reichenbach die Technik, „aber wie wird sichergestellt, dass nicht meine KFZ-Versicherung Informationen über mein Fahrverhalten bekommt?“

Reichenbach und Löffler waren sich einig, dass die Problematik von gesammelten Daten  in der Unwissenheit der Betroffenen liegt. „Bei einer Kundenkarte unterschreibe ich Nutzungsvereinbarungen, beim Tracking im Internet weiß ich allerdings nicht, an wen meine Daten gehen“, resümierten sie die Hintergründe. Als Vorschläge für den einzelnen Nutzer formulierten sie abschließend den Hinweis auf besondere Vorsicht: „Wer Pseudonyme im Netz verwendet und regelmäßig Cookies und Cache löscht, wird nicht in eine digitale Leibeigenschaft von Unternehmen fallen.“