IPS-Erfahrungsbericht von Stefan Andelic

Gerold Reichenbach, MdB, und Stefan Andelic

1. Bewerbung

Immer wenn eine Präsentation von der Deutschen Botschaft, oder von älteren Kollegen  an der Universität über verschiedene Stipendienprogramme gehalten wurde, hat man darüber gesprochen, dass alle Programme gute Chancen bieten neue Erfahrungen und Wissen zu sammeln, aber man hat immer eine halbe Stunde mehr genommen, um über das Internationale Parlaments-Stipendium (IPS) zu erzählen. Der Deutsche Bundestag vergibt zusammen mit den Berliner Universitäten jährlich bis zu 120 Stipendien an junge Hochschulabsolventen aus 41 Nationen in Mittel-, Südost- und Osteuropa, im arabischen Raum sowie Frankreich, Israel und den USA.Das haben alle wiederholt und das ist mir im Hinterkopf geblieben als eine mögliche Option für die Zukunft, aber ernste Gedanken habe ich mir erst gemacht, als ich die Alumnistipendiatin Jelena Božović kennengelernt habe. Sobald sie anfing über ihre IPS Zeit zu sprechen, war ein Strahlen auf ihrem Gesicht, dass man selten sehen kann. Als es mit dem Studium vorbei war, habe ich ein bisschen überlegt vielleicht für das nächste Jahr die Bewerbung zu verschieben, da man sich bis zu seinem 30. Lebensjahr bewerben kann, aber zum Glück viel die Entscheidung mich für das Jahr 2016 zu bewerben.Mitte Juli 2015 habe ich von der Deutschen Botschaft die erfreuliche Nachricht bekommen, dass ich zum Gespräch eingeladen bin. Sofort haben die Vorbereitungen begonnen vieles über das deutsche politische System zu erfahren. Die größten Kopfschmerzen haben mir die verschiedenen Ausschüsse bereitet (Unterausschüsse, federführende Ausschüsse....). Nach einiger Zeit kam Klarheit in meine Gedanken, aber auch der 1. September, Tag des Auswahlgesprächs.

2. Auswahlgespäch

So gegen sechs Uhr kam ich in Podgorica an, mein Gespräch war gegen 14 Uhr bestimmt. Schon gegen 12 Uhr war es um die 35 Grad. Eine starke Hitzewelle verlässt die Hauptstadt nicht und macht das Warten vor der Botschaft unerträglich. Der Vorsitzende der Auswahlkommission war der Abgeordnete Ulrich Petzold. Wahrscheinlich hat er meine versteifte Position mitbekommen und fing das Gespräch mit einem Witz an. So begann das Gespräch sehr entspannt, um eine halbe Stunde hat es gedauert. Ich hatte ein gutes Gefühl, aber wollte mir keine große Hoffnung machen. Nach ein paar Wochen habe ich die unglaubliche Nachricht bekommen, dass ich für das  IPS-Programm 2016 aufgenommen wurde.Von September bis März musste einige Zeit vergehen, bis das Stipendium anfängt, aber wir waren von Referat WI 4 immer mit den neusten Informationsstand vertraut. Und Ende Februar begann das Abenteuer namens IPS.

3. Ankunft in Berlin

Nach der langen Busfahrt aus Montenegro kam ich in Berlin an. Den Weg zur HU Berlin war nicht schwer zu finden. Ich war einer der ersten der angekommen war. Viel Gespräch zwischen den Stipendiaten gab es nicht, alle waren sehr müde und von der Reise erschöpft. Zu Beginn hat man uns eine große Mappe gegeben, wo alles über das Programm und die bevorstehenden Veranstaltungen stand. Besonders der erste Monat war auf die Minute geplant.

4. Beginn

Am 2. März begann das Programm mit vielen Terminen und da konnte ich auch meine Gruppe 4 erst kennenlernen. An diesem Tag hatten wir auch die erste gemeinsame Veranstaltung und Einführung durch das Referat WI 4. Dieses Jahr waren wir 117 Teilnehmer aus 36 Ländern. Sofort dachte ich, dass ich es nie schaffen werde, alle kennenzulernen, aber mit einigen sind gute Freundschaften entstanden und hoffentlich werden sie auch bleiben.                                                                      Mit der Einführung von WI 4 über das Programm und was uns alles erwartet, hat man uns darauf hingewiesen, dass es letztes Jahr öfter zu Einbrüchen in unseren Wohnungen kam. Leider hat man auch in diesem Jahr in ein paar Wohnungen eingebrochen. Man hat uns versichert, dass man sich bemühen wird, in Zukunft dieses Problem zu lösen.

5. IPS (Immer pünktlich sein)

Jeden Tag hatten wir verschiedene Veranstaltungen, wo man uns immer auf das pünktliche Erscheinen hingewiesen hat. Um sicher zu sein, dass wir auch wirklich kommen, hat man uns öfter eine Stunde früher den Termin angekündigt. Manchmal war das sehr verwirrend und wir mussten oft länger warten, aber das konnte man ausnutzen, um sich besser kennenzulernen. Besonders interessant fand ich die Führung durch das Deutsche Historische Museum. Da die Landtagswahlen im März das brennende Thema waren, war auch diese Führung ein bisschen von diesem Thema beeinflusst. Auch die Führungen in der Kulturbrauerei, Bundesrat an der Gedenkstätte Berliner Mauer wie der Besuch des Parlamentsfernsehens, fand ich ebenfalls sehr interessant. Der Besuch der Gedenkstätte Sachsenhausen fand ich auch sehr lehrreich. Mich hat erstaunt, dass das Interesse der Öffentlichkeit sehr groß ist und dass sehr viele Touristen auch kommen, um die Gedenkstätte zu sehen. Sofort haben auch die Ankündigungen für die Auftaktveranstaltung, Stipendiatenabend und zu noch bevorstehenden Tagen der Stipendiaten.

6. Einführungsseminar

Um uns, aber auch die deutsche Gesellschaft und das Referat WI 4 besser kennenzulernen, hatte jede Gruppe ein Einführungsseminar außerhalb Berlins in Schmöckwitz. Das Seminar bestand aus einem interkulturellen Training, einem Hauptteil zum Thema ,,Plurale Gesellschaft: Nationale, ethnische und religiöse Minderheiten in Deutschland´´. Die Planspiele, die wir gemacht haben fand ich sehr interessant, weil sie auf die Probleme der heutigen Krisenregionen der Welt hinweisen. Meine Gruppe hatte aus WI 4 Herr Koritzky begleitet, der eine große Hilfe für uns war, weil er uns schon erzählt hat, was auf uns in den kommenden Monaten noch zukommt, und die Erfahrung der früheren IPS-Generationen mit uns geteilt hat. Er hat uns auch ein paar gute Ideen für den Stipendiatenabend vorgeschlagen, die leider nicht ganz umgesetzt wurden. Wie man so schön sagt, Bilder sprechen mehr als tausend Worte, und so haben wir uns erlaubt einen kleinen Film über Herr Koritzky zu machen, um unseren Dank auszudrücken.Ein Teil des Seminars waren auch verschiedene Exkursionen und Gespräche mit Vertreterinnen und Vertretern von Minderheiten. Den Besuch der Synagoge, in der wir einen Vortrag von einen Rabin und Imam hatten, fand ich besonders interessant. Danach haben wir ein Romazentrum besucht, wo man uns über die heutigen Probleme der Roma in Deutschland berichtete. Anschließend war auch der Besuch einer Kirchengemeinde in Berlin, die sich um Flüchtlinge kümmert und ihnen Kirchenasyl gibt.Nicht nur lehrreiche Veranstaltungen fanden während des Einführungsseminars statt, sondern auch viel Spaß und Partys, wo wir uns besser kennengelernt haben. Das Wetter war nicht auf unserer Seite, aber trotzdem konnten einige Stipendiatinnen nicht der Versuchung widerstehen, um in das kalte Wasser zu schwimmen. Der Mut wurde natürlich auch entsprechend belohnt. Der letzte Abend unser ,,Pluralismusabend`` war ein Produkt unserer gemeinsamen Gruppenarbeit, die sehr gelungen und als eine Aufwärmung für die kommende Auftaktveranstaltung und den Stipendiatenabend war.

7. Berliner Universitäten

Während des Programms waren wir auch an der Humboldt-Universität eingeschrieben. Ich habe mich für das Studienfach Sozialwissenschaften entschieden. Die Vorlesungen auszuwählen war nicht leicht, da eine Vielzahl an spannenden Vorlesungen zur Wahl stand. Am Ende habe ich mich für zwei entschieden, „Politische Debatte zu Beginn der Frühen Neuzeit“, wo der Schwerpunkt auf der politischen und philosophischen Entwicklung der italienischen Fürstenländer zu Beginn der Neuzeit war. Die zweite Vorlesung „Konfliktive Loyalität auf dem Balkan: Osmanisches Reich, Großmächtepolitik und Nationsbildung“ als ``Geschichte von unten``, bei Prof. Grandits war sehr interessant. Schon der Name bei der Wahl der Vorlesung hat mich hingezogen, aber auch die Vorlesung an sich war spannend und die Diskussionen mit den Studenten, die für die Geschichte Balkans eine Vorliebe haben. Behandelt wurden Themen aus dem 18., 19. und 20. Jahrhundert. Die drei Berliner Universitäten haben für uns auch Vorträge über verschiedene Themen gehalten. Von der HU ,,Erinnerungskultur in Deutschland’’, von der TU Berlin ,,Diversität: Konflikt oder Chance?’’ und der FU Berlin ,,Das Mediensystem in Deutschland’’. Für mich waren die Vorträge der HU und FU-Berlin besonders interessant. Dem Thema Erinnerungskultur wird in meinem, aber wie sich während der Diskussion feststellte, auch in anderen Ländern nicht genug Achtung bekommt. Das Thema hat eine gute Diskussion zwischen den Stipendiaten eröffnet, und somit konnten wir erfahren, wie andere Länder mit diesem Thema umgehen. Den Vortag über das Mediensystem in Deutschland fand ich auch sehr interessant. Medien sind ein wichtiger Unterstützer der Demokratie und müssen unabhängig sein, was auch oft während des Vortrags erwähnt wurde. Die Theorie über die Medien konnten wir mit dem Medientag ergänzen. Ich war im ARD-Hauptstadtstudio. Sofort haben wir einen neuen Zungenbrecher gelernt, ARD ist eine Abkürzung für Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten.

8. Stiftungsveranstaltung

Im Rahmen des Programms sind auch zwei Stiftungsveranstaltungen eingeplant. Meine Gruppe war für fünf Tage bei der Hanns Seidel Stiftung in Bayern. Das Thema des Seminars war Gelebter Föderalismus: Politik in und aus dem Freistaat Bayern. Die Fahrt bis Bayern war lang, aber sofort wurden wir alle wach, als wir unsere Ankunft sahen, das Bildungszentrum Kloster Banz. Das ganze Programm der Stiftung war mit verschiedenen Diskussionen, Stadtrundgängen, Kamingesprächen gefüllt. Der Schwerpunkt aller Vorträge war auf dem Föderalismus, der uns von der Bundestagsabgeordneten Andrea Lindholz erläutert wurde und mehreren Landtagsabgeordneten und auch den Ersten Bürgermeister von der Stadt Bad Staffelstein. So konnten wir die Perspektiven von verschiedenen Entscheidungsträgern kennenlernen. Wir haben auch zwei Städte in Bayern besichtigt, Coburg und Bamberg, wo man uns noch die Landesgeschichte Bayerns und die Bedeutung des Föderalismus für Deutschland erklärte. Das ganze Studienseminar fand ich interessant und freute mich auf das Studienseminar der Heinrich Böll Stiftung.

9. Praktikum im Büro Reichenbach

Bei dem Beginn des Programms hat man uns nicht sofort mitgeteilt, bei welchen Abgeordneten wir zugeteilt sind. Als der Tag kam, und wir die Liste bekamen, war der große Saal im PLH ganz still, da alle schnell googelten um zu sehen, womit sich ihre Abgeordneten beschäftigen. Ich hatte das Glück für drei Monate ein Teil im Büro des Bundestagsabgeordneten Gerold Reichenbach zu sein. Der Abgeordnete, der Büroleiter Volker und alle Mitarbeiter Amelie, Nicola und Eva haben sich sehr viel Mühe gegeben, mich in ihren Arbeitsalltag einzubinden. Sofort habe ich gemerkt, dass man in einem Bundestagsbüro sehr viel mit Abkürzungen arbeiten muss wie BAMF, BMWi und in der ersten Woche habe ich auch an den Ausschusssitzungen teilgenommen. Der Abgeordnete Reichenbach ist Mitglied des Innenausschusses und stellvertretender Vorsitzender im Ausschuss Digitale Agenda. Die Möglichkeit an den Ausschusssitzungen teilzunehmen war sehr lehrreich und spannend. Eine Überraschung während der Zeit im Büro war, dass sehr viele Besuchergruppen kommen und persönlich mit dem Abgeordneten sprechen und ihnen offen und kritisch ihre Meinung äußern. Der Abgeordnete Reichenbach war und ist weiterhin ehrenamtlich für das Technische Hilfswerk engagiert, und so konnte ich viele Kenntnisse über den Katastrophenschutz sammeln. Über das THW war der Abgeordnete auf dem Balkan und hatte somit ein gutes Gesamtbild von der politischen Lage der Region, aus der ich komme. Mit der Zeit merkt man, dass der Satz, dass kein Gesetz den Bundestag unverändert verlässt, ganz zutreffend ist.Nicht immer war ich der gesprächigste im Büro, aber deshalb hatte ich Mitarbeiter im Büro die immer offen für meine Fragen waren und von denen ich vieles lernen konnte. Eine schöne Tradition im Büro Reichenbach ist auch das Kosten der kulinarischen Spezialitäten des Heimatlandes der Stipendiaten. So waren wir alle im montenegrinischen Fischrestaurant Lesendro und haben die Adriaküche genossen.Ein Teil während der Zeit im Büro war auch die Wahlkreisreise nach Groß-Gerau. Jeder Tag der Wahlkreiswoche war sehr gut ausgeplant. Am ersten Tag waren viele Bürgergespräche auf der Tagesordnung. Das Gespräch mit den Vertretern der Afrika-Hilfeorganisation hat mich besonders beeindruckt, weil sich der Abgeordnete Reichenbach eingesetzt hat, dass die Vertreter aus Kenia ein Visum in Deutschland bekommen, um ihre Projekte vorzustellen. Der Abgeordnete hat mir viele Orte im Kreis Groß-Gerau gezeigt, wie Trebur, Nauheim, Rüsselsheim, Bischofsheim und mir viel über die Geschichte der Region erzählt. Hessische Küche wurde mir auch beigebracht, wie der Handkäse, Apfelwein und viele andere hessische Spezialitäten.

10. Auftaktveranstaltung/Stipendiatenabend Zwei große Veranstaltungen haben wir Stipendiaten gemacht. Bei der Vorbereitung der Auftaktveranstaltung habe ich auch meinen kleinen Beitrag geleistet. Das Programm war gut, aber etwas mehr Übung hätte uns nicht geschadet. Deshalb haben wir aus den Fehlern gelernt und alle haben fleißig für den Stipendiatenabend geübt. Ich konnte am Stipendiatenabend nicht am Bühnenprogramm teilnehmen, da ich mein Ländertisch alleine vorbereiten musste. Dieser Stipendiatenabend war etwas besonderes, da das IPS 30 Jahre Jubiläum feiert. Deshalb waren auch viele Alumnis eingeladen, unter ihnen auch zwei aus Montenegro, die mir eine Unterstützung bei meinem Ländertisch waren.

11. Fazit

Am Ende kann ich nur danke an meine Mitarbeiter, Abgeordneten und alle aus WI 4 sagen, und mich glücklich schätzen, dass ich ein Teil dieses unvergesslichen Programms war. Ich hatte während dieser fünf Monate die Chance Menschen aus unterschiedlichen Ländern kennenzulernen und gute Freundschaften mit ihnen zu schließen. Eine der traurigen Beobachtungen während dieser fünf Monate in Berlin war das Brexit-Referendum, aber die Briten hatten Pech, dass sie nicht am IPS teilnehmen, sonst hätten sie einen überzeugenden EU-Befürworter.